Fachbeiträge zum Thema irreführende Werbung, Wettbewerbsrecht


Fitnessartikel und die wissenschaftliche Absicherung

Zurzeit häufen sich wieder Abmahnungen gegen Anbieter von Fitnessartikeln bzw. Fitnessgeräten. Zumeist werden diese von dem Verband Sozialer Wettbewerb aus Berlin angegriffen, der in der Regel die wirkungsbezogenen Werbeaussagen beanstandet. 

 

In einem vom Landgericht München entschiedenen Fall ging es um einen Fitnessgürtel, welcher als Medizinprodukt CE-zertifiziert ist. Der Gürtel wurde u.a. mit den Aussagen „Fettreduktion“ und „Muskelstraffung“ beworben. Entsprechend der herrschenden Rechtsprechung obliegt primär dem Werbenden die Beweislast dafür, dass solche gesundheitsbezogenen Aussagen wissenschaftlich hinreichend nachweisbar sind. Allerdings wendet das Landgericht bei Medizinprodukten nicht den gleichen Standard an wie bei Arzneimitteln. Es muss sich nach Auffassung des Gerichts also nicht um eine randomisierte, placebokontrollierte Studie nach dem sogenannten Goldstandard handeln. Im Bereich der Medizinprodukte im Sinne von § 3 Medizinproduktegesetz erscheint die Anwendung des Goldstandards jedenfalls dann nicht erforderlich, sofern der Wirknachweis anhand objektiv messbarer Ergebnisse geführt werden kann und nicht die Gefahr der Verzerrung der Studie durch subjektive Empfindungen der Teilnehmer besteht, so das Gericht. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine CE-Zertifizierung kein Wirksamkeitsnachweis für ein Medizinprodukt ist. Es bedarf zusätzlich hinreichender Tests, um die Wirksamkeit eines Medizinproduktes zu belegen. Trotz der im Vergleich zu anderen Gerichten liberaleren Sichtweise des Landgerichts München konnte das betroffene Unternehmen den Wirksamkeitsnachweis nicht zur Überzeugung der Richter führen.

 

In einer weiteren Entscheidung ging es um einen Massageball mit Noppen und eine Akupressur-Bandage. Der Massageball wurde dahingehend ausgelobt, dass er Fettdepots und Cellulite minimieren könne. Die Bandage könne nach Aussage des Anbieters eine sofortige Linderung bei Rückenschmerzen und Ischias-Beschwerden bewirken. Das Landgericht Rostock stufte die Aussagen als irreführend ein, da ein hinreichender Wirksamkeitsnachweis seitens des Anbieters nicht vorliege. In dem Verfahren hatte der Anbieter dem Verband Sozialer Wettbewerb noch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen, wofür er jedoch keine hinreichenden Beweise beibringen konnte.

 

In einem vom Landgericht Oldenburg zu entscheidendem Fall ging es um ein mit Radiofrequenz ausgestattetes Handkosmetikgerät, welches laut den Aussagen des Anbieters Cellulite verhindern, die Haut straffen und sogar den Körperumfang verringern könne. Auch hier reichten den Richtern die vom Anbieter vorgelegten Wirksamkeitsnachweise nicht aus.

 

Die vorgenannten Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen erneut, wie schwierig die Verteidigung von gesundheitsbezogener Werbung vor Gericht im Regelfall ist. Ziel muss es sein, solche Gerichtsverfahren bereits im Vorfeld zu vermeiden, anderenfalls drohen irreparable wirtschaftliche Schäden.  


Alleinstellung vs. Spitzenstellung - Werbung mit "Superlativen"

Werbeaussagen mit Superlativen können besonders effektiv in der Vermarktung sein. Wettbewerbsrechtlich ist zu unterscheiden zwischen sogenannten Alleinstellungs- behauptungen und Spitzenstellungsbehauptungen. Mit einer Alleinstellungsbehauptung nimmt der Werbende für sein Produkt in Anspruch, dass es in irgendeinem Merkmal besser sei als andere Produkte, wobei im Gesundheitsbereich in der Regel die bessere Wirksamkeit gemeint ist. Mit einer Aussage zur Spitzenstellung wird hingegen "lediglich" die Zugehörigkeit  zu den führenden Produktanbietern auf dem Markt behauptet. Der Unterschied zwischen beiden Aussagen ist in der Praxis von erheblicher Relevanz. Im Gerichtsverfahren kann es unter Umständen zu einer Beweislastumkehr kommen. Der Werbende hat dann im Falle einer behaupteten Alleinstellung den Nachweis zu erbringen, dass sein Produkt wirklich das "Beste" ist, also im Regelfall die beste Wirkung aufweist. Bei einer Spitzenstellung muss hingegen nur die Zugehörigkeit zu einer Spitzengruppe belegt sein, dieser Nachweis lässt sich in der Regel einfacher führen. 

 

Wie eine Aussage zu kategorieren ist, hängt vom Einzelfall ab. Zur Orientierung sollte vergleichbare Rechtsprechung herangezogen werden. In jüngster Zeit sind hierzu einige richtungsweisende Urteile ergangen mit der klaren Tendenz, Aussagen eher als Spitzenstellungsbehauptungen einzustufen, insbesondere geschehen für die Aussagen  "unübertroffene Wirksamkeit", "keiner ist schneller" (beide OLG Düsseldorf), "nichts hilft schneller", "keine andere topische Behandlung ist wirksamer als ..." (beide OLG Hamburg). Die Gerichte gehen bei ihrer Beurteilung von dem Leitbild des durchschnittlich informieren Verbrauchers aus, der die Aussagen entsprechend ihrem Wortlaut als Zugehörigkeit zu einer Spitzengruppe verstehe. Das gelte jedenfalls dann, wenn das Werbemedium nur eine flüchtige Wahrnehmung zulasse (z.B. TV-Spot, Youtube-Videos). Bei der Werbung gegenüber Fachkreisen sei zudem das vorhandene Fachwissen in die Beurteilung mit einzubeziehen.

 

Im Ergebnis ist die Tendenz in der Rechtsprechung für Werbende von Vorteil. Die Einstufung als Alleinstellung wird eher die Ausnahme sein, was natürlich vom Einzelfall abhängt. Zudem wird von Angreifern häufig übersehen, dass die Beweislast für die Zugehörigkeit zu einer Spitzengruppe nicht von vornherein beim Werbenden liegt. Das ist nur dann der Fall, wenn die klagende Partei die Tatsachen, die der Aussage zugrunde liegen, entweder überhaupt nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten aufklären kann. Dabei ist es konkurrierenden Anbietern, insbesondere bei Arzneimitteln, in der Regel möglich und zumutbar, belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse selbst zu ermitteln. Zu beachten ist allerdings, dass Spitzenstellungen immer voraussetzen, dass zwischen der Spitzengruppe und dem "Durchschnitt" der Anbieter ein deutlicher Abstand besteht. Insofern sollten Werbekonzepte mit Spitzenstellungsbehauptungen sorgefältig rechtlich geprüft werden.  


Vergleichende Werbung im Sinne des UWG bei Tierprodukten

 

Die rechtlichen Grenzen einer Bezugnahme auf die Produkte oder Leistungen eines Mitbewerbers sind nicht immer leicht zu ziehen. Kürzlich gerieten zwei Anbieter von Hundefutter wettbewerbsrechtlich aneinander.

 

Der eine Anbieter stellt Hunde- und Katzenfutter aus Rohstoffen in Lebensmittelqualität her und lässt diese in einem Metzgerbetrieb produzieren. In einem Interview in einer Fachzeitschrift für Hundehalter äußerte sich die Geschäftsführerin des Unternehmens unter anderem dahingehend, dass die Herstellung von Hunde- und Katzenfutter in Deutschland in den Bereich der Entsorgungswirtschaft falle und die meisten Hunde- und Katzenfuttermittel viel billiges Getreide kombiniert mit Synthetik und Chemie enthielten. Zudem erwähnte die Geschäftsführerin im Zusammenhang dazu, wie es zu der Geschäftsidee kam, dass sie während ihres BWL-Studiums einen Hund aus dem spanischen Tierschutz hatte, der leider sehr krank war und auf alle Produkte mit Erbrechen und Durchfall reagiert habe.

 

Hieran und an anderen Aussagen in dem Interview störte sich ein Mitbewerber, der nach eigenen Angaben zu den größten Herstellern der Branche gehöre. Er stufte diese Aussagen als wettbewerbswidrig ein, sie würden gegen § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG verstoßen, es handele sich um eine unlautere vergleichende Werbung, da seine Waren herabgesetzt oder verunglimpft würden. Zudem liege in den Aussagen eine pauschale Herabsetzung bzw. gezielte Behinderung von allen Herstellern „herkömmlicher“ Hundefuttermittel und damit ein Verstoß gegen § 4 Nr. 7 und Nr. 10 UWG.

 

Die Auseinandersetzung musste zunächst vom Landgericht Bremen im Eilverfahren entschieden werden. Dieses lehnte den Erlass einer einstweiligen Verfügung ab. Dem schloss sich auch das Oberlandesgericht Bremen an und wies die Berufung des angreifenden Unternehmens durch einen Beschluss wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit zurück. Hinsichtlich § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG mangele es an der erforderlichen Erkennbarkeit eines Mitbewerbers. Insbesondere würden sich die Aussagen zum Hund aus dem spanischen Tierschutz lediglich auf die damalige Produktpalette beziehen, die der Hund zu sich nahm. Eine sich auch nur mittelbar auf die Produkte des angreifenden Mitbewerbers beziehende Aussage liege nicht vor. Auch sei in den Aussagen keine pauschale Herabsetzung bzw. gezielte Behinderung zu sehen, da es zutreffe, dass die meisten Heimtierfuttermittel aus Schlachtabfällen produziert würden, die Aussagen seien daher in der Form vom Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG gedeckt.

 

Nach alledem konnte der interviewte Anbieter den Rechtsstreit für sich gewinnen. Wer die Werbung eines Mitbewerbers angreifen möchte, sollte daher stets sehr sorgfältig prüfen, ob ein solcher Angriff Aussicht auf Erfolg hat oder nicht wie ein Bumerang in die eigene Geschäftszentrale zurückkehrt.


Download
Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Prüf- und Testsiegeln
Im Bereich der Verbraucherprodukte sind Prüf- und Testsiegel ein zentrales Marketinginstrument, da sie beim Verbraucher besonderes Vertrauen in die Qualität und Sicherheit der beworbenen Produkte hervorrufen können. Das OLG Düsseldorf hatte kürzlich über die Siegel „LGA tested Quality“ und „LGA tested safety“ zu urteilen, welche von einem Lebensmitteleinzelhandelgeschäft im Internet genutzt wurden, um für ein Haarentfernungsgerät zu werben.
Prüf- und Testsiegel.pdf
Adobe Acrobat Dokument 619.3 KB

Kontaktaufnahme zum Anwalt für Wettbewerbsrecht

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer

Hinweis: Bitte die mit * gekennzeichneten Felder ausfüllen.