Urteile zum Thema CE-Zertifizierung und Kosmetikgeräte


OLG Nürnberg: Sofortiges Rücktrittsrecht, wenn ein Medizinprodukt nicht das Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen hat

In diesem Rechtsstreit handelt es sich um einen Fall, in dem die Klägerin ein Kosmetikstudio betreibt und von der Beklagten, einem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, zwei Kosmetikgeräte zu einem Preis von jeweils 26.180,00 € brutto erworben hat. Die Klägerin finanzierte beide Geräte über Leasinggesellschaften. Diese traten in die jeweiligen Kaufverträge mit Zustimmung der Parteien ein und übernahmen sämtliche Rechte und Pflichten der Klägerin. Die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche wurden von den Leasinggeberinnen an die Klägerin abgetreten. Am 27.12.2017 wurden beide Geräte an die Klägerin übergeben, die sie dann für einen Zeitraum von 10 Monaten nutzte. Am 20.07.2019 erklärte die Klägerin den Rücktritt von beiden Kaufverträgen durch ihre Bevollmächtigten in einem Schreiben an die Beklagte.

 

Die Klägerin behauptete in erster Instanz, dass beide Geräte mangelhaft seien, da sie gegen zahlreiche regulierende Vorschriften verstoßen würden und nicht verkehrsfähig seien. Insbesondere wurde argumentiert, dass beide Geräte als Medizinprodukt im Sinne des Medizinproduktegesetzes (MPG) anzusehen seien, da das eine zur Behandlung von Zellulitis und das andere zur Behandlung von Krankheiten wie Akne, Besenreiser, Couperose und Rosacea verwendet werden könne, beide Geräte jedoch nicht über die erforderliche CE-Zertifizierung verfügen. Ohne diese Zertifizierung dürfe das Gerät nicht in den Verkehr gebracht und an Menschen angewendet werden, was einen Verstoß gegen das MPG darstelle.

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg stimmte der Argumentation der Klägerin zu und entschied, dass beide Geräte als Medizinprodukte im Sinne des MPG anzusehen seien. Dies basierte auf der Auslegung der Bedienungsanleitungen der Geräte und der Angaben des Herstellers. Die Anleitungen und Informationen deuteten darauf hin, dass die Geräte zur Behandlung von Krankheiten wie Zellulitis, Rosazea, Akne und Besenreisern geeignet seien. Da die Geräte jedoch nicht die erforderliche CE-Kennzeichnung für Medizinprodukte besaßen, galten sie als mangelhaft im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

 

Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten, die eine Verkürzung der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr vorsah, wurde vom OLG als unwirksam angesehen. Dies lag daran, dass die Klausel nicht klarstellte, dass sie nicht für die Haftung bei Körper- und Gesundheitsschäden sowie bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Beklagten galt. Die Klausel wurde daher als intransparent und unwirksam betrachtet.

 

Insgesamt wurde der Rücktritt der Klägerin von den Kaufverträgen aufgrund der Mängel der Geräte als wirksam erachtet. Die Klägerin hatte das Recht, die Verträge zu beenden, da die Nacherfüllung unzumutbar war und die Nacherfüllungsansprüche zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren. 

 

Dieses Urteil bestätigte die Rechte der Klägerin und stärkte ihren Anspruch auf Rückzahlung der Kaufpreise für die mangelhaften Geräte. Es verdeutlicht auch die Bedeutung von CE-Kennzeichnungen und den rechtlichen Rahmen für den Verkauf von Medizinprodukten.

LG Nürnberg-Fürth: Verstoß gegen Heilpraktikergesetz begründet Rücktrittsrecht

Die Klägerin betreibt ein Kosmetikstudio und hat von der Beklagten zwei Kosmetikgeräte, ein IPL-Gerät und ein Radiofrequenz-Gerät bestellt. Der Kaufpreis für jedes Gerät betrug 26.180,00 Euro, und die Geräte wurden im Wege des Leasings finanziert.

 

Die Klägerin behauptet, dass die gelieferten Geräte mangelhaft seien und ist daher mit Anwaltsschreiben von beiden Verträgen zurückgetreten. Die Beklagte lehnte den Rücktritt ab, weshalb es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kam.

 

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Geräte hat. Die Klägerin behauptet, dass die Geräte mangelhaft seien und eine Erlaubnis gemäß § 1 des Heilpraktikergesetzes für den Betrieb der Geräte erforderlich sei. Ohne diese Erlaubnis könne sie den Betrieb der Geräte nicht fortsetzen, da sie mit einer Betriebsuntersagung durch die zuständige Behörde rechnen müsse. Daher liege ein Rechtsmangel vor, für den eine Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich sei.

 

Die Klägerin verweist  auf die Bedienungsanleitungen der Geräte, die angeben, dass sie zur Behandlung von bestimmten Hauterkrankungen wie Akne, Rosazea und Besenreisern verwendet werden sollen. Akne und Rosazea gelten nach der IDC-10-GM als Krankheiten. Die Klägerin argumentiert, dass die Anwendung der Geräte medizinische Fachkenntnisse erfordere und daher eine Betriebserlaubnis gemäß § 1 Heilpraktikergesetz erforderlich sei.

 

Die Beklagte bestreitet die Mangelhaftigkeit der Geräte und behauptet, dass die Klägerin die Mängel nicht gemäß § 377 Handelsgesetzbuch (HGB) gerügt habe. Die Beklagte meint auch, dass die Klägerin kein Kleingewerbe betreibe und daher § 377 HGB anwendbar sei.

 

Die Klägerin fordert die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Geräte auf und verlangt zusätzlich vorgerichtliche Anwaltskosten.

 

Das Gericht entschied, dass die Klage größtenteils begründet ist und die Widerklage unbegründet ist. Das Gericht bejaht ein gesetzliches Rücktrittsrecht der Klägerin aufgrund der Mangelhaftigkeit der Geräte und des Rechtsmangels aufgrund der fehlenden Betriebserlaubnis. Es kommt zu dem Schluss, dass die Klägerin den Rücktritt wirksam ausgeübt hat. Das Gericht verurteilt die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises für beide Geräte Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Geräte und zusätzlich zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten der Klägerin. Die Widerklage der Beklagten auf Zahlung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten wird abgewiesen.

LG Berlin: Kosmetische Solutions und die Frage des Sachmangels

In dem vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages zwischen der Klägerin, einem Kosmetikstudio, und der Beklagten, einem Vertreiber von Kosmetikgeräten. Die Klägerin hatte bei der Beklagten ein Kosmetikgerät zum Preis von 6.044,01 € bestellt.

 

Ein zentraler Streitpunkt war die Frage der mitgelieferten "Solutions". Die Klägerin behauptete, dass zum vereinbarten Lieferumfang des Geräts auch diese "Solutions" gehören sollten, die für die Anwendung des Geräts erforderlich seien. Die Beklagte hingegen bestritt, dass eine solche Vereinbarung getroffen wurde und argumentierte, dass das Gerät auch mit anderen Flüssigkeiten wie destilliertem Wasser oder beliebigen auf dem Markt erhältlichen verdünnten Flüssigkeiten betrieben werden könne.

 

Die Klägerin kritisierte außerdem, dass das Gerät keine wirklichen Ergebnisse erzielt habe und dass die in der Bedienungsanleitung beschriebenen Wirkungen des Geräts nicht wissenschaftlich nachgewiesen seien. Sie behauptete, dass die Solutions die eigentlichen Wirkkomponenten des Produkts seien und ohne diese keine Wirkungen entfaltet werden könnten.

 

Die Beklagte wies diese Vorwürfe zurück und argumentierte, dass es am Nachweis eines Sach- oder Rechtsmangels fehle. Sie betonte, dass das Gerät für kosmetische Anwendungen an der Haut genutzt werden könne und dass die Anwendungsbeschränkungen in der Bedienungsanleitung lediglich darauf hinwiesen, dass das Gerät bei bestimmten medizinischen Voraussetzungen nicht eingesetzt werden sollte.

 

Das Gericht entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises habe, da weder ein Sach- noch ein Rechtsmangel nachgewiesen wurden. Die Klägerin konnte die behauptete Vereinbarung bezüglich der mitgelieferten Solutions nicht ausreichend beweisen, und es wurde kein ausreichender Grund gefunden, das Gerät als mangelhaft einzustufen. Das Gericht wies die Klage ab und entschied zu Gunsten der Beklagten.

LG Stuttgart: Streit um ein Face und Body System

In dem Rechtsstreit geht es um die Klägerin, die von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein sogenanntes Face und Body Behandlungsgerät sowie Schadensersatz fordert. Die Beklagte vertreibt verschiedene Beauty- und Wellness-Geräte, darunter auch das besagte Face und Body System.

 

Die Klägerin plante mit dem System eine Beauty-Lounge zu eröffnen. Sie kam mit der Beklagten in Kontakt, die ein Angebot über das System unterbreitete. Später trat die Klägerin an die Beklagte heran und bat um Rückabwicklung der Verträge, da das Geschäft nicht wie erwartet lief. Es kam zu Korrespondenzen bezüglich möglicher Mängel an den Systemen.

 

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sie arglistig getäuscht, indem sie unrealistische Angaben zu den generierbaren Umsätzen und einem nicht existierenden Gebietsschutz gemacht habe. Die Klägerin glaubt, dass die Systeme mangelhaft seien und daher vom Vertrag zurücktreten könne. Sie fordert Schadensersatz und die Rückabwicklung beider Verträge.

 

Das Gericht befand jedoch, dass die Klägerin keine Ansprüche auf Rückabwicklung, Anfechtung oder Schadensersatz hat. Die Behauptungen der Klägerin hinsichtlich der Täuschung und Mängel wurden nicht ausreichend belegt. Die Beweise zeigten keine arglistigen Handlungen oder erheblichen Mängel an den Geräten. Ein wirksamer Widerruf oder Rücktritt vom Vertrag konnte ebenfalls nicht nachgewiesen werden. Das Gericht wies die Klage daher ab und entschied, dass die Klägerin die Kosten tragen muss. 

VG Gelsenkirchen: Laseranwendung fällt nicht unter das Heilpraktikergesetz

In dem vorliegenden Fall geht es um eine Klage gegen eine Ordnungsverfügung, die einer Klägerin untersagt hat, einen Laser der Klasse 3B in ihrem Kosmetikstudio einzusetzen. Die Beklagte argumentiert, dass Laser der Klasse 3B nur von Ärzten und Heilpraktikern verwendet werden dürfen und die Schulung der Klägerin nicht ausreicht. Die Klägerin betreibt ein Kosmetikstudio und nutzt einen Laser der Klasse 3B, der für kosmetische Anwendungen voreingestellte Programme hat und eine maximale Leistung von 50 mW aufweist. Sie behauptet, dass ihr Laser keine Gesundheitsgefährdungen verursacht und die Behandlungen rein kosmetisch sind.

 

Das Gericht urteilt zugunsten der Klägerin und hebt die Ordnungsverfügung auf. Es entscheidet, dass die kosmetische Behandlung mit dem Laser keine Ausübung der Heilkunde darstellt und daher keine Heilpraktikererlaubnis erforderlich ist. Die Gefährdungspotenziale des Lasers sind gering, und die Klägerin trifft ausreichende Schutzmaßnahmen.

OLG Frankfurt: Parallelimport mit Relevanz für Kosmetikgeräte

Wenn ein Importeur zum Zwecke des inländischen Vertriebs von Blutzuckerteststreifen aus dem Ausland eine deutschsprachige Gebrauchsanweisung erstellt und die Umverpackung sprachlich umgestaltet, benötigt er eine neue Konformitätsbewertung durch eine Benannte Stelle, die sich zumindest auf die Überprüfung der Sprachversion beziehen muss. Dies gilt selbst in dem Fall, dass die Sprachfassung mit derjenigen übereinstimmt, mit der der Hersteller die von ihm selbst im Inland vertriebenen Packungen versieht. Die Entscheidung kann auch für kosmetische Geräte wie IPL und Laser von Bedeutung sein.


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