NiSV-Verordnung


LG Hamburg erlässt vier einstweilige Verfügungen gegen NiSV-Schulungsanbieter

NiSV - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Das Landgericht Hamburg hat vier einstweilige Verfügungen gegen einen Anbieter von Schulungen im Rahmen der Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) erlassen. Der Schulungsanbieter hatte sich auf Instragram und bei Facebook mehrfach wettbewerbswidrig gegenüber einem Mitbewerber geäußert.  Dem Anbieter wurde u.a. vom Landgericht Hamburg verboten, zu behaupten, Mitarbeiter des Mitbewerbers würde viele Kunden des Anbieters anrufen, um sie zur NiSV Schulung bei dem Anbieter auszufragen. Zudem wurde dem Anbieter verboten, über den Mitbewerber zu behaupten, er sei nicht von einer unabhängigen Stelle zertifiziert worden und es bestehe die Gefahr, dass Zertifikate nicht anerkannt und bei ihr durchgeführte Schulungen und Prüfung wiederholt werden müssten. Das Gericht sah in den Aussagen Verstöße gegen Vorschriften des UWG, u.a. §§, 3, 4 UWG. Das Gericht hat sich in den Verfahren auch mit der Frage der örtlichen Zuständigkeit im Sinne des § 14 UWG befasst und diese bejaht. Die Entscheidungen sind mittlerweile rechtskräftig (Kategorie: Aktuelle Urteile zum Wettbewerbsrecht Hamburg). 


Kosmetikerin mit 400 Euro Bußgeld  für Verstoß gegen NiSV belangt

Behörden können wegen Verstößen gegen die NiSV-Verordnung Bußgelder verhängen.  Ordnungswidrig im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 3 des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen handelt u.a., wer vorsätzlich oder fahrlässig  nicht sicherstellt, dass eine nach der NiSV verpflichtende Dokumentation (einschließlich NiSV-Beratungsprotokoll) erstellt wird oder entgegen der NiSV eine Anzeige der unter die NiSV fallenden Tätigkeiten nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet. Es können dabei Bußgelder bis zu 50.000 Euro verhängt werden. In einem aktuellen Fall hatte es eine Kosmetikerin versäumt, die NiSV-Dokumentation zu stellen und die unter die NiSV fallenden Behandlungen der zuständigen Überwachungsbehörde anzuzeigen. Dafür wurde gegen sie für jeden Verstoß jeweils ein Bußgeld von 200 Euro verhängt.

 

Die Kosmetikerin ist hier angesichts des Bußgeldrahmens noch glimpflich davon gekommen, zumal ein Eintrag im Gewerbezentralregister vermieden werden konnte. 


Kündigung von Leasingverträgen nach Inkrafttreten der NiSV?

 

Kosmetiker*innen, die vor dem Geltungsbeginn der NiSV Geräte erworben haben, die der Verordnung unterliegen, können diese nach dem Geltungsbeginn womöglich überhaupt nicht mehr oder nur eingeschränkt nutzen. Grund hierfür ist der sogenannte Arztvorbehalt, wonach bestimmte Geräteanwendungen nur noch von Ärzten durchgeführt werden dürfen. Da die Geräte bekanntlich in der Anschaffung sehr teuer sind (in der Regel zwischen 20.000-60.000 Euro) und daher über Leasingfirmen finanziert werden, stellt sich für viele die Frage, ob sie aus diesen Leasingverträgen wieder herauskommen. In Betracht kommt hier wenn nur ein Kündigungsrecht "ex nunc", d.h. mit Geltung ab dem Zeitpunkt des wirksamen Zugangs der Kündigung. Die Kündigung könnte womöglich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB gestützt werden. In einem aktuellen Fall erwägt zumindest ein Oberlandesgericht diese Möglichkeit. § 313 BGB lautet: 

 

"(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

 

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung."

 

Ob diese Regelung ein Loslösen vom Vertrag oder zumindest eine für Kosmetiker*innen günstigere Vertragsanpassung ermöglicht, erscheint fraglich. Rechtsprechung ist hierzu bislang nicht ergangen, eine anwaltliche Beratung wird empfohlen. 


Das NiSV-Beratungsprotokoll

 

Ab dem 01.01.2024 benötigen Kosmetiker*innen, die NiSV-Behandlungen durchführen, für jede Behandlung ein NiSV-Beratungsprotokoll. Auf Grundlage dessen muss sich der Kunde mit der Behandlung einverstanden erklären. Was Inhalt des NiSV-Beratungsprotokoll sein muss, ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 6 NiSV. Danach muss die Person, an der nichtionisierende Strahlung angewendet wird, von der anwendenden Person vor der Anwendung beraten und aufgeklärt werden, insbesondere über 

 

a) die Anwendung und ihre Wirkungen,

b) gesundheitliche Risiken und Nebenwirkungen der Anwendungen,

c) mögliche Alternativen und deren Risiken und Nebenwirkungen,

d) den individuellen Behandlungsplan, einschließlich der verwendeten Anlage und die individuelle Situation, die zur Festlegung der relevanten Anwendungsparameter führt

 

e) die mögliche Notwendigkeit einer vorherigen fachärztlichen Abklärung. 

 

Die Unterlagen sind für 10 Jahre aufzubewahren. 

 

Mit dieser Gesetzesänderung werden die Vorgaben konkretisiert, nach denen Kosmetiker*innen die Kunden aufklären müssen. Kosmetiker*innen sind gut beraten, diese neuen Vorgaben bereits jetzt umzusetzen. Für Behörden wird die Überprüfung der Vorgaben ein leichtes Spiel sein und bei Versäumnissen drohen Bußgelder und Untersagungsanordnungen. 


Referentenentwurf zur Änderung der NiSV - Jetzt aber richtig?

 

Die  Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) ist gerade mal seit dem 31.12.2022 endgültig in Kraft, da sieht der Gesetzgeber schon Anpassungsbedarf. Bei den NiSV-Schulungen haben sich wohl Missstände aufgetan, die zeigen sollen, dass das bisherige System der freiwilligen Teilnahme der Schulungsanbieter an einem Akkreditierungsverfahren nicht die Sicherheit für die Schulungsteilnehmer bietet, die sich der Gesetzgeber anscheinend erhofft hatte. 

 

Der Entwurf sieht nun in Bezug auf die Fachkundenachweise folgende neue Systematik vor: 

 

Ab 31.12.2023 muss der Nachweis der Fachkunde durch ein auf 5 Jahre befristetes Zertifikat erfolgen, Voraussetzungen hierfür: 

 

1. Geeignete Schulung=Anerkennung des Schulungsanbieters (Voraussetzung für eine Prüfung)

2.  Erfolgreiche Prüfung durch eine akkreditierte Konformitätsbewertungsstelle.

 

Die freiwillige Teilnahme am Akkreditierungsverfahren soll also durch eine verpflichtende Teilnahme daran ersetzt werden. 

 

Hierzu sollen folgende (schwer durchschaubare) Übergangsregelungen gelten:

 

1. Bis zum 31.12.2025 wird das Zertifikat ohne Erfordernis der Prüfung ausgestellt, wenn die Teilnahme an einer geeigneten Schulung bis zum Ablauf 31.12.2023 erfolgreich abgeschlossen wurde. Geeignete Schulung bedeutet Anerkennung des Schulungsanbieters, auch rückwirkend, die den Zeitraum der Teilnahme erfasst. Die Geltungsdauer des Zertifikats richtet sich nach dem Abschluss der Schulung (§ 13 Abs. 2 des Entwurfs)

 

2. Keine Anerkennung des Schulungsanbieters (als Voraussetzung für eine Prüfung) ist erforderlich, wenn die Teilnahme an einer Schulung bis zum 31.12.2023 erfolgreich abgeschlossen wurde. Die erfolgreiche Prüfung durch akkreditierte Konformitätsbewertungsstelle bleibt erforderlich. Die Geltungsdauer des Zertifikats richtet sich nach dem Abschluss der Schulung (§ 13 Abs. 3 des Entwurfs)

 

3. Bis zum Ablauf 31.12.2025 kann der Nachweis der Fachkunde auch ohne Zertifikat durch Vorlage von geeigneten Schulungsnachweisen geführt werden.

 

Für all diejenigen, die bereits einen Kurs bei einem nicht akkreditierten Schulungsanbieter belegt haben oder bei einem Schulungsanbieter, dessen Akkreditierung aberkannt wurde, kommt es selbst bei Inkrafttreten des Entwurfs in der jetzigen Form für den Zeitraum bis zum 31.12.2025 somit darauf an, ob die Behörde den Kurs anerkennt. Werden Schulungsnachweise durch die Behörde anerkannt, hätten diese nach dem Entwurf allerdings nur eine Gültigkeit bis zum 31.12.2025 und nicht von fünf Jahren. Das dürften viele Absolventen nicht auf dem Schirm haben, diese werden womöglich von einer Gültigkeit von 5 Jahren ausgehen. 

 

Der Gesetzesentwurf, sollte er in der Form in Kraft treten, schafft im Hinblick auf Schulungen, die bereits bei nicht anerkannten oder aberkannten Schulungsträgern durchgeführt wurden und die dort noch bis zum 31.12.2023 durchgeführt werden, nach hiesiger Auffassung keine Rechtssicherheit. Es bleibt die Ungewissheit, ob die Kurse von den Behörden anerkannt werden. Für die Zukunft wird dann jeder Schulungsträger mit einer Zertifizierungsstelle zusammenarbeiten müssen. Ob damit dann einem missbräuchlichen Verhalten von Schulungsträgern Einhalt geboten wird, bleibt abzuwarten. 

 

Der Gesetzesentwurf befasst sich jedoch nicht nur mit den Fachkundenachweisen. Er beinhaltet noch einige andere Änderungen, u.a. wird die Dokumentationspflicht für Kosmetiker*innen vereinfacht, die Dokumentationspflicht für Nebenwirkungen und Schäden plus Fotodokumentation soll entfallen, allerdings muss der Anwender nun sicherstellen, dass die Beratung und Aufklärung nach § 3 Absatz 1 Nummer 6 NiSV mit einem Beratungsprotokoll dokumentiert wird, und dass sich die zu behandelnde Person auf dieser Grundlage mit der Durchführung der Anwendung einverstanden erklärt. Das Beratungsprotokoll und die Einverständniserklärung sind im Betrieb vorzuhalten und drei Jahre ab dem Tag der Dokumentation aufzubewahren. 

 

Ferner wird klargestellt, wann intensive Lichtquellen dem Anwendungsbereich der NiSV unterliegen. Für kosmetische Anwendungen zur Muskelstimulation im Gesicht und der Halsvorderseite sowie für Anwendungen zur Nervenstimulation die nicht zur einer Muskelstimulation führen, soll das Erfordernis für einen Trainerschein bzw. Übungsleiterschein entfallen. 

 

Der Entwurf ist nun den Wirtschaftsverbänden zur Stellungnahme zugeleitet geworden. Ob er dann letztlich in der Form oder anderer Form in Kraft tritt und wann steht noch in den Sternen.  


NiSV - Verordnung: Ihre Rechte bei mangelhaften Schulungen und Prüfungen

 

Seit dem 31.12.2022 dürfen bestimmte kosmetische Anwendungen nach der Verordnung zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (NiSV) nur noch einem Fachkundenachweis durchgeführt werden. Zu diesen Behandlungen zählen vor allem IPL- und Laserbehandlungen zur dauerhaften Haarentfernung und zur Hautbehandlung. Es gibt mittlerweile zahlreiche Anbieter von NiSV-Schulungen. Abgenommen werden die Prüfungen dabei nicht von den Schulungsanbietern selbst, sondern von sogenannten Personenzertifizierungsstellen, die ihrerseits akkreditiert werden müssen.  Auch müssen Schulungsanbieter nicht unbedingt als solche von einer Zertifizierungsstelle zertifiziert sein, allerdings können die Behörden dann im Einzelfall prüfen, ob die von diesen Anbietern durchgeführten Schulungen den Vorgaben der NiSV-Fachkunderichtlinie entsprechen. Sind Schulen zertifiziert, besteht eine Vermutung, dass das der Fall ist. Behörden prüfen also dann nicht, ob die Vorgaben der NiSV-Fachkunderichtlinie eingehalten werden, es besteht eine sogenannte Konformitätsvermutung. Wird vom Schulungsanbieter zugesichert, dass er von einer Zertifizierungsstelle zertifiziert worden sei und stellt sich das im Nachhinein als falsch heraus, liegt darin nach hiesiger Ansicht eine arglistige Täuschung, die zur Anfechtung des Schulungsvertrages berechtigt. Das Geld für die Schulung werden die Schüler voraussichtlich selbst dann zurückverlangen können, wenn die Kurse und die Prüfung dennoch von der zuständigen Behörde anerkannt werden. Der Vertrag dürfte nämlich durch die Anfechtung nichtig sein, so dass keine Grundlage für den Schulungsanbieter besteht, das Geld einzubehalten. 

 

Sofern die Lerninhalte der Schulungen nicht den NiSV-Vorgaben entsprechen, dürfte ebenfalls ein Rückzahlungsanspruch bestehen. Verträge über Schulungen sind zwar in der Regel als Dienstleistungsverträge ohne Erfolgsversprechen anzusehen, allerdings können die Schüler erwarten, dass sie alle Inhalte vermittelt bekommen, die die NiSV-Fachkunderichtlinie vorsieht. Sofern danach Präsensunterricht geschuldet wird, können die Schüler auch erwarten, dass dieser als solcher stattfindet und nicht nur Online. Insofern ist mit einer NiSV-Schulung auch immer eine Zusicherung der Einhaltung der Vorgaben der NiSV-Fachkunderichtlinie verbunden. Letztlich handelt es sich bei dem NiSV-Schulungsrecht jedoch um einen Rechtsbereich, der noch viele Rechtsfragen offen lässt, Rechtsprechung gibt es zu solchen Kursen bislang nicht und die Behörden wirken mit der neuen Rechtsmaterie zu weilen überfordert. Dennoch dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich die ersten Richter mit solchen Rechtsfragen befassen müssen. 

 

Schüler, die ihr Geld zurückfordern oder Schadensersatz wegen entgangenem Gewinn etc. verlangen, müssen sich auf einen steinigen Weg gefasst machen, der kostspielig sein kann. Bei Schulungsanbietern, die sich nicht an die NiSV-Vorgaben halten, ist mit heftiger Gegenwehr in jedem einzelnen Fall zu rechnen, da sie sich bei Fehlverhalten im Zweifel einer ganzen Welle von Reklamationen ausgesetzt sehen werden. 

 

Wenig beleuchtet ist zudem die Verantwortung der Personenzertifizierungsstellen. Was haben diese bei der Abnahme der Prüfung zu beachten? Sind Sie ggf. für das Verhalten der NiSV-Schulungsanbieter im Rahmen der Prüfungen mitverantwortlich? Besteht eine dahingehende Aufsichtspflicht? Fragen über Fragen ...


Die ersten Urteile zur NiSV! - Tattoo-Entfernung, Permanent Make-Up, Gefäßbehandlungen

Die Gerichte müssen sich bereits mit der NiSV beschäftigen und das dürfte nur der Anfang sein. Bereits zwei Gerichte haben die in der NiSV geregelten Arztvorbehalte als verfassungsgemäß eingestuft. Der Verwaltungsgerichtshof Bayern hatte sich mit der Tatoo-Entfernung und dem Permanent Make-Up mittels Laser (Nd:YAG-Laser) zu befassen, beides ist nach § 5 Abs. 2 NiSV seit dem 31.12.2020 Ärzten vorbehalten, Nicht-Ärzte, insbesondere Kosmetiker-/innen dürfen solche Behandlungen seit dem nicht mehr anbieten und durchführen. Dagegen hatte ein Kosmetikstudio geklagt und nun in zweiter Instanz verloren. Der VGH Bayern stuft die Regelung des § 5 Abs. 2 NiSV als verfassungskonform ein und begründet dies sehr sorgfältig, Beschluss vom 13.08.2021.

 

Dieser Auffassung schließt sich das Verwaltungsgerichts Düsseldorf in einem Beschluss vom 11.03.2021 an. Auch hier ging und die Entfernung von Tätowierungen und Permanent-Makeup sowie auch um die Behandlung von pigmentierten Hautveränderungen oder Gefäßveränderungen durch Laser und auch hier hat das Gericht sehr ausführlich begründet, warum die Regelung in § 5 Abs. 2 NiSV verfassungskonform sei. 

 

Eine weitere Entscheidung betraf die Haarentfernung mittels IPL-Gerät durch eine Podologin. Das Verwaltungsgericht Köln hat die Behandlung zunächst als unter das Heilpraktikergesetz fallende Ausübung von Heilkunde eingestuft, dann aber den Bogen zur zwischenzeitlich geltenden NiSV geschlagen, wonach IPL-Haarbehandlungen nach § 5 Abs. 1 NiSV mit entsprechender Fachkunde auch von Nicht-Ärzten durchgeführt werden dürften. Das Gericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Behörde die Behandlung bis zum Zeitpunkt, zu dem die Fachkunde nachgewiesen werden müsse (nunmehr 31.12.2022), zu dulden habe. In  dem Urteil vom 30.06.2020 heißt es hierzu: 

 

"Da die Klägerin jedoch im Umgang mit dem von ihr verwendeten IPL-Gerät Erfahrung hat und dieses freiverkäuflich ist, außerdem bisher keine Beschwerden oder Klagen von Kunden bekannt geworden sind, dürfte es akzeptabel sein, die Tätigkeit der Klägerin bis zum Inkrafttreten von § 5 Abs. 1 NiSV auch ohne Schulung mit bestimmten Sicherheitsvorkehrungen zu dulden. Davon geht offenbar auch das zuständige Ministerium aus, wenn es in der Publikation „Grundsätzlich vorne weg - Warum die NiSV“, erklärt, die Anwendung von intensiven Lichtquellen (etwa IPL-Geräten) könne bislang von jeder Person ohne besondere Qualifikation angeboten werden, obwohl die Risiken beträchtlich sein könnten. Daher sei ein besserer Schutz des Verbrauchers geboten. Da dieser Schutz durch Schulung der professionellen Betreiber aber mit einer dreijährigen Übergangsfrist angeordnet wurde, hält der Normgeber die bis dahin eintretenden Risiken offenbar für hinnehmbar."

 

Das Gericht sieht die NiSV hier offensichtlich als vorrangig gegenüber dem Heilpraktikergesetz an. Das LG-Nürnberg-Fürth sieht das in einer Entscheidung vom 21.07.2021 allerdings anders, danach stelle das Heilpraktikergesetz höherrangiges Recht dar und gelte weiterhin neben der NiSV. 

 

Fazit: Die ersten Entscheidungen zur NiSV lassen zumindest eine erste Tendenz dahingehend erkennen, dass eine Berufung auf die Verfassungswidrigkeit des Arztvorbehalts wenig Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Es laufen hierzu auch Verfassungsbeschwerden, diese dürften aber auch eher wenig erfolgversprechend sein. Spannend ist das Verhältnis zwischen NiSV und Heilpraktikergesetz, hier bleibt eine höchstrichterliche Entscheidung abzuwarten, das Thema hat in der Praxis bei den Haarentfernungen mittels Lasers enorme Relevanz. In den nächsten Monaten wird es weitere Entscheidungen zur NiSV geben, die Kanzlei DRM LEGAL ist hier an diversen Verfahren beteiligt. 


NiSV und Arztvorbehalt - Das neue Abmahn-Eldorado

 

Seit dem 31.12.2021 dürfen bestimmten Schönheitsbehandlungen nur noch von Ärzten durchgeführt werden, das regelt die Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen vor nichtionisierender Stahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV). Zu nennen sind beispielsweise die Tattoo-Entfernung, das Permanent Make-Up, Gefäßbehandlungen mittels Laser oder die Fettreduktion mit Ultraschall. Viele Kosmetikinstitute haben dieses Verbot noch nicht umgesetzt. Im Netz finden sich zahlreiche Webseiten und Social Media Auftritte von Kosmetikstudios, die diese Behandlungen weiterhin anbieten. Für Abmahnanwälte und Abmahnvereine ist das ein gefundenes Fressen, denn die Verstöße gegen die NiSV sind auch sogenannte Wettbewerbsverstöße, können also von Mitbewerbern und Abmahnvereinen, denen Mitbewerber angehören, abgemahnt werden. Die Verstöße sind leicht ausfindig zu machen, bietet beispielsweise ein Kosmetikstudio auf der Firmenwebseite weiterhin Tattoo-Entfernung an, dann liegt ein Verstoß gegen die NiSV vor. Hier bedarf es keiner vertieften Rechtskenntnisse, das ist leichte Beute und lässt bei den Abmahnern die Kassen klingeln. Einige Kosmetikstudios haben zumindest die Zeichen der Zeit erkannt und ihre Webseiten angepasst. Allerdings reicht es nicht, nur auf einen Arzt zu verweisen, der die Behandlungen durchführt, wenn das weiterhin im Kosmetikstudio geschieht. Ein Arzt darf weder im Kosmetikstudio angestellt sein, wenn er solche Behandlungen durchführt noch darf er Inhaber des Kosmetikstudios beim Arzt angestellt sein, wenn die Behandlungen weiter im Kosmetikstudio angeboten werden. Hier sind neben der NiSV auch die berufsrechtlichen Regelungen für Ärzte zu beachten. 

 

Betreibern von Kosmetikstudios, die bislang Behandlungen angeboten haben, die nun unter den Arztvorbehalt fallen, ist dringend anzuraten, NiSV relevante Geschäftsmodelle und Webseiten anwaltlich prüfen zu lassen, anderenfalls wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis die erste kostspielige Abmahnung im Briefkasten liegt.  


BMU veröffentlicht "Fachkunderichtlinie zur NiSV"

 

Das für die  Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen vor nichtionisierender Stahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) zuständige Ministerium hat auf ihrer Webseite die "Fachkunderichtlinie nur NiSV" veröffentlicht. Auf der Webseite des Ministeriums heißt es hierzu: 

"Die Fachkunderichtlinie, in der die Anforderungen an Schulungen konkretisiert und die maßgeblichen Lerninhalte und Lernziele durch Rahmenlehrpläne spezifiziert werden, richtet sich zunächst an die Vollzugsbehörden, um so ein bundeseinheitliches Verwaltungshandeln zu ermöglichen. Sie richtet sich als Orientierungshilfe auch an interessierte Fachkreise, zum Beispiel zur Planung von Schulungen zum Erwerb der nach der NiSV erforderlichen Fachkunde.

 

Geplant und in Vorbereitung ist ferner ein Akkreditierungsverfahren auf Grundlage der Fachkunderichtlinie."


Update: Die NiSV-Verordnung ist verkündet worden

 

Am 19.10.2018 hat der Bundesrat den Gesetzesentwurf der Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen vor nichtionisierender Stahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) mit einigen marginalen Änderungen beschlossen. Die Bundesregierung hat den Änderungen am 05.12.2018 zugestimmt, damit tritt die Verordnung am 31.12.2020 in Kraft. Worum geht es bei dieser Verordnung und welche Auswirkungen hat sie auf die Gesundheitsbranche, insbesondere die Kosmetik- und Wellnessbranche? Nachfolgend erhalten Sie hierzu einen ersten Überblick. 

 

1. Worum geht es? 

 

Nach der Verordnung sind bestimmte von der NiSV erfasste kosmetische bzw. nichtmedizinische Geräteanwendungen approbierten Ärzten vorbehalten. Anwendungen setzen eine Fachkundeaus- bzw. weiterbildung voraus. Zudem gelten allgemeine Anforderungen an den Betrieb der Geräte. 

 

2. Wie kam es zu der Verordnung? 

 

Die Verordnung ist Bestandteil der Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts. Ihre gesetzliche Grundlage findet sich im Gesetz zum Schutz vor nichtinonisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSG) aus dem Jahre 2009. § 5 NiSG ermächtigt den Gesetzgeber, Rechtsverordnungen zu erlassen, die die Anwendung und den Betrieb bestimmter Anlagen, die nichtionisierende Strahlung aussenden, zu regeln. Bislang hatte der Gesetzgeber von dieser Ermächtigung nur im Zusammenhang mit Sonnenstudios in Form der Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen künstlicher ultravioletter Strahlung Gebrauch gemacht.  

 

3. Welche Geräteanwendungen fallen unter die Verordnung? 

 

Nichtionisierende Strahlung umfasst elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder in einem Frequenzbereich von 0 Hertz bis 300 Gigahertz, optische Strahlung im Wellenlängenbereich von 100 Nanometern bis 1 Millimeter sowie Ultraschall im Frequenzbereich von 20 Kilohertz bis 1 Gigahertz. Der NiSV unterfallen IPL- und Lasergeräte, Hoch- und Niedrigfrequenzgeräte, Ultraschallgeräte und Gleichtstromgeräte und Magnetfeldgeräte, die nichtionisierende Strahlung im vorgenannten Sinne aussenden. Voraussetzung ist, dass diese zu kosmetischen oder anderen nichtmedizinischen Zwecken oder im Rahmen sonstiger wirtschaftlicher Unternehmungen eingesetzt werden

 

4. Welche Geräteanwendungen sind approbierten Ärzten vorbehalten? 

 

Anwendungen, bei denen die Integrität der Epidermis als Schutzbarriere verletzt wird und die Fettgewebereduktion. In Bezug auf Laser- und IPL-Geräte sowie Hochfrequenzgeräte zudem die Behandlung von Gefäßveränderungen (z.B. Behandlung von Krampfadern, Besenreißer) und die Behandlung von pigmentierten Hautveränderungen (z.B. Entfernung von Leberflecken). Bei Lasern zusätzlich Ablative Laseranwendungen (z.B: Skin Resurfacing) und die Entfernung von Tätowierungen oder Permanent Make-Up. Bei Ultraschall zusätzliche die thermische Gewebekoagulation. Magnetresonanzverfahren unterliegen ebenfalls dem Ärztevorbehalt, ebenso Anlagen zur Stimulation des Nervensystems.

 

5. Welche fachlichen Anforderungen müssen erfüllt sein, damit die Geräte angewendet werden dürfen? 

 

Die erforderliche Fachkunde durch erfolgreiche Teilnahme an einer geeigneten Schulung oder durch eine geeignete Aus- und Weiterbildung erworben werden. Sie ist auf dem aktuellen Stand zu halten. Hierzu ist mindestens alle fünf Jahre eine Teilnahme an Fortbildungen erforderlich. Schulung, Ausbildung und Fortbildung können auch in einem anderen EU-Staat erfolgen, wenn Anforderungen im Wesentlichen vergleichbar sind. Inhaltlich hängen die Schulungsinhalte von den Gerätearten ab. Auch approbierte Ärzte müssen übrigens über die erforderliche Fachkunde verfügen, um die Geräte anwenden zu dürfen. Allerdings fehlen bislang nähere Vorgaben dazu, wie die Ärzte diese erwerben können, der Gesetzgeber spricht pauschal von einer "entsprechenden ärztlichen Weiterbildung oder Fortbildung". Bei Anlagen zur elektrischen Nerven- und Muskelstimulation und zur Magnetfeldstimulation benötigen Pyhsiotherapeuten mit einer abgeschlossenen Ausbildung anders als Ärzte und sonstige Anwender keinen besonderen Fachkundenachweis.

 

6. Welche allgemeinen Anforderungen werden an den Betrieb der Geräte gestellt?  

 

Es gelten u.a. folgende "allgemeine" Anforderungen

  • Ordnungsgemäße Installation (gilt für neue Geräte und Ersatzgeräte)
  • Einweisung der anwendenden Person in sachgerechte Handhabung (aller betreffenden Geräte)
  • Eignungsprüfung der Anlage durch anwendende Person bezogen auf die jeweilige Anwendung
  • Zustandsüberprüfung durch anwendende Person vor jeder Anwendung bezogen auf Funktionsfähigkeit und ordnungsgemäßen Zustand  (Inaugenscheinnahme, Überprüfung von Anschlüssen, Kontrolllampen, ggf. Testlauf)
  • Instandhaltung durch Personal, das über die erforderlichen gerätetechnischen Kenntnisse verfügt, insbesondere durch Wartung/Inspektion unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers sowie durch Einhaltung der gerätespezifischen Normen (Inspektionsintervalle)
  • Beratung und Aufklärung des Kunden vor der Anwendung durch die anwendende Person
  • Schutz vor Nebenwirkungen
  • Schutz Dritter vor schädlichen Wirkungen (z.B. räumliche Trennung, Zugangsbeschränkung)  

Zudem gelten spezifische Dokumentationspflichten. 

 

7. Muss ich den Betrieb der Geräte der zuständigen Behörde anzeigen? 

 

Ja! Der Betreiber einer Anlage hat der zuständigen Behörde den Betrieb der Anlage anzuzeigen. Der Anzeige ist ein Nachweis beizufügen, dass die Personen, die die Anlage anwenden, über die erforderliche Fachkunde verfügen. Geräte, die ab dem 31.12.2021 erst in Betrieb genommen werden, müssen der Behörde binnen zwei Wochen angezeigt werden. Wird eine Anlage am 31.12.2021 bereits betrieben, hat die Anzeige bis zum Ablauf des 31. März 2021 zu erfolgen.

 

8. Gelten alle Anforderungen bereits ab dem 31.20.2020? 

 

Nein, die Fachkunderegelungen treten am 31.12.2021 in Kraft (ab dann muss der Fachkundenachweis vorliegen). Zu den Anzeigefristen siehe Ziffer 7.

 

9. Welche Sanktionen drohen bei Verstößen? 

 

Verstöße gegen die genannten Anforderungen sind eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro pro Verstoß geahndet werden kann (§12 i.V.m.§ 8 NiSG). Bei Verstößen drohen zudem Anwendungsverbote und Betriebsschließungen. Straftatbestände enthält die Verordnung nicht, bei Körperverletzungen kann aber deren Nichteinhaltung eine Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz begründen. Verstöße können zudem wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zur Folge haben. 

 

10. Wie verhält sich die NiSV zum Heilpraktikergesetz und zur EU-Medizinprodukteverordnung? 

 

Das Verhältnis zum Heilpraktikergesetz wird noch geklärt werden müssen, da es Behandlungen geben kann, die nach der NiSV erlaubt wären, jedoch gegen das Heilpraktikergesetz verstoßen könnten. Die EU-Medizinprodukteverordnung gilt neben der NiSV. Sie geht nur vor, sofern sie strengere Regelungen als die der NiSV enthält. Das ist in Bezug auf die Ärztevorbehalte, die Fachkunderegelungen und die betrieblichen Anforderungen jedoch nicht der Fall. 


Kontaktaufnahme zum Anwalt für die NiSV-Strahlenschutzverordnung

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer

Hinweis: Bitte die mit * gekennzeichneten Felder ausfüllen.