Heilberufsrecht


Das Recht der Heilberufe bezieht sich auf die gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe, wie z.B. den Arzt, Apotheker oder Physiotherapeuten, und die damit verbundenen Vorgaben und Regularien. Es betrifft aber auch den weitgehend unregulierten Beruf des Heilpraktikers oder der Kosmetikerin. Zudem stellen sich Fragen bei der Zusammenarbeit der Heilberufe untereinander oder mit Industrieunternehmen und Kosmetikinstituten. Eine wichtige Rolle spielt neuerdings auch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen. 


Beratungsspektrum:

  • Berufsordnungen für Ärzte und andere Gesundheitsberufe
  • Anwendbarkeit des Heilpraktikergesetzes (z.B. im Bereich Medical Beauty)
  • Heilmittelwerbegesetz (z.B. Rabattaktionen, Bewerbung von Schönheitsoperationen)
  • Haftung für Behandlungsfehler
  • Behandlungsverträge
  • Kooperationsverträge
  • Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen

  • Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISG)
  • Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen vor nichtionisierender Stahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV)
  • Transfusionsgesetz (TFG)
  • Vertretung in Straf- und Bußgeldverfahren, Verwaltungs- und Wettbewerbsverfahren

Aktuelles


Rechtliche Risiken ärztlicher Fernbehandlungen

 

In Zeiten der Digitalisierung mehren sich Geschäftsmodelle, die auf eine gesundheitliche Beratung von Patienten ohne persönlichen Kontakt zum Arzt abzielen. Bislang gelten jedoch für solche sog. Fernbehandlungen strenge rechtliche Vorgaben.

 

§ 9 Heilmittelwerbegesetz verbietet eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen oder Tier beruht (Fernbehandlung). Diese Norm setzt einen konkreten Krankheitsfall voraus, erfasst jedoch nicht Patienten, die ohne konkrete Beschwerden einen Arzt konsultieren, um etwa eine Routine- oder Vorsorgeuntersuchung durchführen oder sich sonst fachkundig beraten zu lassen. Allerdings verbietet § 7 Abs. 4 der Musterberufsordnung für Ärzte individuelle  ärztliche  Behandlungen, insbesondere auch Beratungen, ausschließlich  über  Print-  und  Kommunikationsmedien  durchzuführen. Diese Verbotsvorschrift geht über die Regelung im Heilmittelwerbegesetz hinaus, da sie nicht an die Werbung, sondern die Behandlung an sich anknüpft und zudem auch solche Behandlungen erfasst, denen kein Krankheitsfall zugrunde liegt.

 

Die Gerichte haben sich vermehrt mit solchen Konstellationen zu befassen. So verstößt nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts München folgendes Geschäftsmodell gegen die Regelung im ärztlichen Berufsrecht: Ein Firma bietet unter Beteiligung von selbständigen Augenoptikern augenärztliche Beurteilungen der Netzhaut an. Hierzu wird durch den Augenoptiker mittels einer speziellen Kamera bei dem Kunden des Augenoptikers ein Foto der Netzhaut hergestellt. Dieses Foto wird dann online einem an das Netzwerk der Firma angeschlossenen Arzt zwecks Beurteilung übermittelt. Die Beurteilung des Arztes erhält dann der Augenoptiker, der diese seinem Kunden übergibt.

 

Das OLG München sieht hierin einen Verstoß gegen die Regelung in der Musterberufsordnung für Ärzte. Die Beratung erfolge ausschließlich über „Kommunikationsmedien“ im Sinne der Regelung und sei damit von der Verbotsnorm erfasst. Die Norm setze auch entgegen § 9 HWG gerade keinen Krankheitsfall voraus. Auch verlange die Vorschrift keinen konkreten Therapievorschlag. Alleine das Erstellen einer Verdachts- oder Negativdiagnose sei bereits ausreichend. Der Fall liege hier nicht anders als bei einem Hausarzt, der pathologische Auffälligkeiten bei seinem Patienten feststellt, einen Verdacht äußert, und den Patienten an einen Spezialisten überweist. Gleiches gelte bei einer Überweisung durch einen Orthopäden an einen Radiologen zwecks MRT-Untersuchung. Letztlich diene das Verbot dazu, dass der Patient sich nicht mit der erteilten Auskunft zufrieden gibt und von einem gebotenen Arztbesuch absieht. Gerade diese Gefahr bestehe auch hier, so das Gericht.

 

Im Ergebnis ist dem OLG München Recht zu geben. Zu beachten ist allerdings, dass bestimmte Gestaltungsformen der Verbotsnorm entzogen sein können. Das gilt beispielsweise bei Untersuchungen, die keine selbständigen Behandlungen sind, sondern nur Elemente einer Diagnose darstellen, zumindest wenn im Laufe der Beratung oder Behandlung auch körperliche Untersuchungen stattfinden. Zudem können gesetzliche Ausnahmeregelungen für bestimmte Behandlungsarten bestehen (so bei der Mammographie-Screening-Untersuchung). Zudem kann es bei Geschäftsmodellen mit Auslandsbezug dazu kommen, dass die deutsche Musterberufsordnung keine Anwendung findet (allerdings dann § 9 HWG weiterhin zu beachten sein wird).

 

Letztendlich sollten Geschäftsmodelle, die Fernberatungen im medizinischen Bereich zum Gegenstand haben, auf rechtlich „saubere“ Beine gestellt werden.

 

Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer

Hamburg, 09.09.2016