Das Recht der Heilberufe bezieht sich auf die gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe, wie z.B. den Arzt, Apotheker oder Physiotherapeuten, und die damit verbundenen Vorgaben und Regularien. Es betrifft aber auch den weitgehend unregulierten Beruf des Heilpraktikers oder der Kosmetikerin. Zudem stellen sich Fragen bei der Zusammenarbeit der Heilberufe untereinander oder mit Industrieunternehmen und Kosmetikinstituten. Eine wichtige Rolle spielt neuerdings auch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen. Im Medizinrecht geht es im Übrigen häufig um Schadensersatzfälle im Bereich Arzthaftung und Haftung von Schönheitsstudios für fehlerhafte Behandlungen.
Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen
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Gerichte stehen gesundheitlichen Therapieverfahren sehr skeptisch gegenüber. Viele Verfahren halten nicht den strengen Wirksamkeitsanforderungen der deutschen Rechtsprechung stand.
Vor kurzem hat das Kammergericht Berlin diversen Auslobungen für kinesiologische Tapes eine Abfuhr erteilt. Die Tapes wurden u.a. mit Aussagen wie „Schmerzreduktion“, „Verbesserung der Muskelfunktion“ und „Wirkung auf die inneren Organe“ beworben. Nach Auffassung der Berliner Richter fehlt es jedoch an einer hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung der beworbenen Anwendungserfolge. Das werbende Unternehmen konnte im Gerichtsprozess keinerlei wissenschaftliche Nachweise für die behaupteten Wirkungen anführen. Auch sei die Beantragung des Sachverständigenbeweises nicht ausreichend, denn die Werbeaussagen müssten in dem Moment wissenschaftlich belegt sein, in dem sie getätigt würden, so das Gericht.
Ähnlich erging es einem Anbieter von Geräten zur Durchführung der Bioresonanztherapie gegen unterschiedliche Erkrankungen wie Atemwegserkrankungen, Grippe und Gelenkerkrankungen. In dem Fall kam das Landgericht München ebenfalls zu dem Ergebnis, dass diese Werbebehauptungen für die als Medizinprodukte in den Verkehr gebrachten Geräte irreführend, weil wissenschaftlich nicht belegt, seien. Das Gericht verwies hierbei auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach Wirksamkeitsnachweise für derartige Aussagen allein durch eine randomisierte placebo-kontrollierte Doppelblindstudie erbracht werden könnten. Eine solche Studie vermochte das werbende Unternehmen in dem Verfahren jedoch nicht vorweisen. Das Unternehmen hatte noch versucht, sich damit zu retten, dass die Werbung nur in Fachkreisen, also gegenüber Therapeuten, geschaltet wurde. Der Einwand überzeugte das Gericht jedoch nicht, zum einen gelte das Wirksamkeitserfordernis auch dort, zudem sei die Werbung auch überhaupt nicht auf Fachkreise eingeschränkt gewesen.
Im Ergebnis haben Anbieter solcher Therapieverfahren in der Regel schlechte Karten, sofern sie wie im hiesigen Fall von einem Abmahnverein vor Gericht gezogen werden. Hier hilft nur eine präventive Strategie, Werbeaussagen im Vorfeld zu entschärfen und für eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung zu sorgen.
Hamburg, 09.06.2016
Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer (meyer@drmlegal.de)
Zwei Frauen wurden fehlerhafte Brustimplantate eingesetzt. Das Gericht entschied, dass der verantwortliche Arzt nicht verpflichtet war, sich durch Stichproben und Tests über die Qualität der eingesetzten Implantate Gewissheit verschaffen zu müssen. Da zum Operationszeitpunkt keine Anhaltspunkte bestanden hätten, die Qualität der Brustimplantate in Frage zu stellen bzw. das betrügerische Verhalten des Herstellers noch nicht bekannt gewesen sei, habe sich der Operateur auf die Eignung verlassen dürfen.
Quelle: Pressemitteilung des LG Karlsruhe
In Zeiten der Digitalisierung mehren sich Geschäftsmodelle, die auf eine gesundheitliche Beratung von Patienten ohne persönlichen Kontakt zum Arzt abzielen. Bislang gelten jedoch für solche sog. Fernbehandlungen strenge rechtliche Vorgaben.
§ 9 Heilmittelwerbegesetz verbietet eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen oder Tier beruht (Fernbehandlung). Diese Norm setzt einen konkreten Krankheitsfall voraus, erfasst jedoch nicht Patienten, die ohne konkrete Beschwerden einen Arzt konsultieren, um etwa eine Routine- oder Vorsorgeuntersuchung durchführen oder sich sonst fachkundig beraten zu lassen. Allerdings verbietet § 7 Abs. 4 der Musterberufsordnung für Ärzte individuelle ärztliche Behandlungen, insbesondere auch Beratungen, ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchzuführen. Diese Verbotsvorschrift geht über die Regelung im Heilmittelwerbegesetz hinaus, da sie nicht an die Werbung, sondern die Behandlung an sich anknüpft und zudem auch solche Behandlungen erfasst, denen kein Krankheitsfall zugrunde liegt.
Die Gerichte haben sich vermehrt mit solchen Konstellationen zu befassen. So verstößt nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts München folgendes Geschäftsmodell gegen die Regelung im ärztlichen Berufsrecht: Ein Firma bietet unter Beteiligung von selbständigen Augenoptikern augenärztliche Beurteilungen der Netzhaut an. Hierzu wird durch den Augenoptiker mittels einer speziellen Kamera bei dem Kunden des Augenoptikers ein Foto der Netzhaut hergestellt. Dieses Foto wird dann online einem an das Netzwerk der Firma angeschlossenen Arzt zwecks Beurteilung übermittelt. Die Beurteilung des Arztes erhält dann der Augenoptiker, der diese seinem Kunden übergibt.
Das OLG München sieht hierin einen Verstoß gegen die Regelung in der Musterberufsordnung für Ärzte. Die Beratung erfolge ausschließlich über „Kommunikationsmedien“ im Sinne der Regelung und sei damit von der Verbotsnorm erfasst. Die Norm setze auch entgegen § 9 HWG gerade keinen Krankheitsfall voraus. Auch verlange die Vorschrift keinen konkreten Therapievorschlag. Alleine das Erstellen einer Verdachts- oder Negativdiagnose sei bereits ausreichend. Der Fall liege hier nicht anders als bei einem Hausarzt, der pathologische Auffälligkeiten bei seinem Patienten feststellt, einen Verdacht äußert, und den Patienten an einen Spezialisten überweist. Gleiches gelte bei einer Überweisung durch einen Orthopäden an einen Radiologen zwecks MRT-Untersuchung. Letztlich diene das Verbot dazu, dass der Patient sich nicht mit der erteilten Auskunft zufrieden gibt und von einem gebotenen Arztbesuch absieht. Gerade diese Gefahr bestehe auch hier, so das Gericht.
Im Ergebnis ist dem OLG München Recht zu geben. Zu beachten ist allerdings, dass bestimmte Gestaltungsformen der Verbotsnorm entzogen sein können. Das gilt beispielsweise bei Untersuchungen, die keine selbständigen Behandlungen sind, sondern nur Elemente einer Diagnose darstellen, zumindest wenn im Laufe der Beratung oder Behandlung auch körperliche Untersuchungen stattfinden. Zudem können gesetzliche Ausnahmeregelungen für bestimmte Behandlungsarten bestehen (so bei der Mammographie-Screening-Untersuchung). Zudem kann es bei Geschäftsmodellen mit Auslandsbezug dazu kommen, dass die deutsche Musterberufsordnung keine Anwendung findet (allerdings dann § 9 HWG weiterhin zu beachten sein wird).
Letztendlich sollten Geschäftsmodelle, die Fernberatungen im medizinischen Bereich zum Gegenstand haben, auf rechtlich „saubere“ Beine gestellt werden.