Urteile zur Abgrenzung zwischen Meinungsäußerungen und  Tatsachenbehauptungen


LG Köln: Negative Google Rezension über Anbieter von kosmetischen Geräten

In dem vorliegenden Fall wurde auf Antrag der Antragstellerin gemäß den Regelungen der §§ 935 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) im Wege einer einstweiligen Verfügung und aufgrund der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung folgendes Urteil erlassen:

 

Die Antragsgegnerin wird angewiesen, es zu unterlassen, die Äußerung "Die Firma betrügt hochgradig" zu tätigen. Bei Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. Im Falle wiederholter Verstöße kann die Gesamtstrafe bis zu zwei Jahren betragen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden zu 2/3 von der Antragstellerin und zu 1/3 von der Antragsgegnerin getragen.

 

Der Antragstellerin, einem Anbieter von kosmetischen Geräten, wurde ein Verfügungsanspruch aufgrund der Verletzung ihres Unternehmerpersönlichkeitsrechts gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG in dem beantragten Umfang zugesprochen. Die strittige Äußerung "Die Firma betrügt hochgradig" wurde als ehrabschneidende Meinungsäußerung mit einem Tatsachenkern eingestuft. Die Antragsgegnerin konnte die Richtigkeit des nachfolgenden Zusatzes "und werben Mogelpackungen mit 'Made in Germany'" nicht nachweisen. Die Kammer entschied aufgrund der Verteilung der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast zugunsten der Antragstellerin, da keine klaren Beweise für die Richtigkeit der Aussage vorlagen.

 

Die Antragstellerin konnte jedoch keinen Verfügungsanspruch aus §§ 8, 3, 4 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) geltend machen, da keine ausreichende aktive Wettbewerbsbeziehung zwischen den Parteien vorlag. Die von den Parteien angebotenen Waren und Dienstleistungen hatten keinen unmittelbaren Wettbewerbsbezug zueinander. Es war nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin durch ihre Handlungen eigenen oder fremden Wettbewerb gefördert hatte.

 

Ebenfalls konnte die Antragstellerin keinen Verfügungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG aufgrund einer Verletzung ihres Unternehmerpersönlichkeitsrechts wegen der Aussage "Das Gerät ist zum 3. mal in der Garantiezeit defekt und wird von der Firma nicht ausgetauscht oder repariert" herleiten. Die Aussage wurde als zutreffende Tatsachenäußerung betrachtet, da es unstreitig war, dass das genannte Gerät einen defekten Schalter hatte und die Antragstellerin die Reparatur verweigerte. Eine weitere Aussage, "Anrufe werden einfach blockiert", wurde ebenfalls als zutreffende Tatsachenäußerung erachtet. Die Kammer wies darauf hin, dass die Antragstellerin bestimmte Aspekte, die sie als irreführend empfand, nicht in ihren Verfügungsantrag aufgenommen hatte.

 

Insgesamt wurden die Anträge der Antragstellerin teilweise abgewiesen, da für einige der behaupteten Verletzungen des Unternehmerpersönlichkeitsrechts keine hinreichenden rechtlichen Grundlagen oder ausreichende Beweise vorlagen.

LG Köln: Verbreitung von Aussagen über Autorin auf Twitter

Die Äußerung, dass jemand in den letzten Jahrzehnten nicht journalistisch zu einem bestimmten Thema gearbeitet habe, wird vom durchschnittlichen Rezipienten nicht als faktische Behauptung, sondern als Meinungsäußerung verstanden. Dies wird durch den Kontext des gesamten Twitter-Threads gestützt, es handelt sich über eine kritische Meinung über die Arbeitsweise einer anderen Person, die durch Meinungsfreiheit gedeckt sind.

 

Ebenso werden die Aussagen bezüglich der Ignorierung von Expertenmeinungen in den Büchern Betroffenen als Meinungsäußerungen betrachtet, da sie Wertungen und Meinungen enthalten. Diese Äußerungen sind durch die Meinungsfreiheit geschützt und basieren auf einem hinreichenden Tatsachenkern.

 

Die Aussage, dass eine Autorin die breite Fachliteratur zum Thema ignoriere, wird ebenfalls als Meinungsäußerung angesehen. Die Definition der "breiten Fachliteratur" ist subjektiv, und die Äußerung wird im Kontext der Empfänger verstanden, die wissen, dass die Autorin Sekundärliteratur verwendet. 

 

Insgesamt wird festgestellt, dass die Äußerungen  Meinungsäußerungen sind und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen nicht verletzen. 


OLG Köln: Grundsätze der Verdachtsberichterstattung auch bei Äußerungen gegenüber Unternehmen zu beachten

In dem vom OLG Köln zu entscheidenden Fall geht es um folgenden Sachverhalt: Die Klägerin zu Ziffer 1. betreibt die größte Kaninchenzucht Deutschlands und hat eine eigens entwickelte Zuchtrasse als geschützte Unionsmarke. Die Kläger Ziffern 2 und 3 sind Gesellschafter der Klägerin Ziffer 1. Der Verfügungsbeklagte Ziffer 2 ist ein freier Journalist und Vorsitzender des Beklagten Ziffer 1, einer Organisation, die sich für Tierschutz, gegen Massentierhaltung und für eine vegane Lebensweise einsetzt.

 

Am 12.07.2022 veröffentlichte der Beklagte Ziffer 1 einen Artikel auf seinem Internet-Presseportal und über den ots-Ticker. Der Artikel warf der Klägerin Ziffer 1 vor, erkrankte Tiere tierschutzwidrig zu töten, indem sie auf den Boden geworfen oder mit einer Eisenstange erschlagen wurden. Der Artikel berief sich auf Grundsätze der Verdachtsberichterstattung und kritisierte das Verhalten der Klägerin Ziffer 1.

 

Das Gericht prüfte, ob die Anforderungen an eine Verdachtsberichterstattung erfüllt waren. Dabei wurde festgestellt, dass eine Verdachtsäußerung vorliegt, wenn der Äußernde keine endgültigen Tatsachen behauptet, sondern lediglich einen Verdacht äußert. Der Artikel äußerte Verdachte hinsichtlich tierschutzwidriger Tötungen, nicht artgerechter Haltung und fehlender tierärztlicher Versorgung.

 

Das Gericht betonte, dass eine Verdachtsberichterstattung journalistische Sorgfalt erfordert, insbesondere wenn es um schwerwiegende Vorwürfe geht. Es stellte fest, dass die Berichterstattung unverhältnismäßig war, da es keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine persönliche Verantwortung der Kläger Ziffern 2 und 3 gab. Die Berichterstattung stellte eine unzulässige Vorverurteilung dar und verletzte das Persönlichkeitsrecht der Kläger.

 

Weiterhin wurde festgestellt, dass eine Stellungnahme der Kläger vor der Veröffentlichung eingeholt werden sollte, um sicherzustellen, dass ihr Standpunkt berücksichtigt wird. Die Beklagten hatten jedoch keine Stellungnahme eingeholt, obwohl sie die Möglichkeit dazu hatten.

 

Das Gericht entschied, dass die Kläger Anspruch auf Unterlassung der Berichterstattung hatten, da diese unzulässig war. Es betonte, dass die Meinungsfreiheit durch das Persönlichkeitsrecht begrenzt wird und eine Abwägung der Interessen erfolgen muss. In diesem Fall überwog das Persönlichkeitsrecht der Kläger.

 

Insgesamt wurde festgestellt, dass die Verdachtsberichterstattung unzulässig war, da die journalistische Sorgfaltspflicht nicht eingehalten wurde und eine unzulässige Vorverurteilung stattfand. Die Kläger hatten daher Anspruch auf Unterlassung der Berichterstattung.


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