Urteile zur wissenschaftlichen Absicherung


OLG Oldenburg: Wirkaussagen bei Futtermitteln können auch bei wissenschaftlichen Gegenstimmen zulässig sein 

 

Nach einer Entscheidung des OLG Oldenburg ist bei der Werbung für Futtermitteln ein geringerer Nachweisstandard anzusetzen als bei der Werbung für Lebensmittel. So können Wirkaussagen auch dann hinreichend wissenschaftlich abgesichert sein, wenn die Wirkung von der herrschenden Meinung in der Fachwelt bestätigt wird, auch wenn es Gegenstimmungen hierzu gibt. In dem Verfahren wurde für ein Futtermittel mit einer zeckenvorbeugenden Wirkungen geworben, allerdings reichten dem Gericht die Nachweise selbst nach den gelockerten Vorgaben nicht aus. 

 

Urteil vom 17.12.2020


LG Saarbrücken: Irreführende Aussagen für Mikrostrom- und Vakuumtherapien

 

Gegenstand einer Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken waren zwei Therapien, die mit diversen Wirkaussagen beworben wurden. Die beworbene Mikrostromtherapie wurde damit ausgelobt, sich positiv auf den Zellstoffwechsel auszuwirken. Die Vakuumtherapie ("Vacu-Wald-Med-Bewegungssystem") versprach, den Heilungsprozess und die Regeneration verletzter und belasteter Gewebe und den Fettabbau zu fördern. Der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. aus Berlin mahnte diese Aussagen ab, das werbende Unternehmen verweigerte jedoch die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Das Landgericht gab dem VSW e.V. Recht. Es stufte die Aussagen als wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert und damit irreführend im Sinne von §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 3 HWG ein.

 

Urteil vom 25.07.2018


OLG Stuttgart: Werbung mit therapeutischer Wirksamkeit eines Medizinprodukts

 

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte über die Werbung für eines "Detox-Pulvers" zu entscheiden, welches als Medizinprodukt vermarktet wird. Das Produkt enthält ein bestimmtes Zeolith, d.h. ein zu der Gruppe der Silikate gehörendes Mineral, welches nach den Werbeaussagen des Unternehmens Schadstoffe absorbiere und durch die dadurch erfolgende Entschlackung heilsame bzw. leistungssteigernde Wirkung haben soll. Die Richter stuften die Werbung als irreführende Werbung im Sinne von § 3 Heilmittelwerbegesetz ein. Ob und inwieweit eine Werbung mit Leistungs- bzw. Wirksamkeitsaussagen irreführend sei, richte sich nach dem Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Werbeadressaten, der der Werbung eine der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Dabei seien an die Wahrheit und Eindeutigkeit von Werbeaussagen im Bereich der gesundheitsbezogenen Werbung nach dem so genannten „Strengeprinzip“ strenge Anforderungen anzulegen. Nach diesen Maßstäben sei die Werbung zu verbieten, da es an wissenschaftlichen Nachweisen für eine entschlackende Wirkung mangele. Alleine die Tatsache, dass das Produkt als Medizinprodukt CE-zertifiziert sei, reiche für den Wirksamkeitsnachweis nicht aus. Vielmehr seien in der Regel veröffentlichte und zur fachlichen Diskussion gestellte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien mit einer adäquaten statistischen Auswertung erforderlich. Solche Studien konnte das Unternehmen nicht vorweisen. 

 

Urteil vom 08.06.2017


LG Rottweil verbietet Aussagen zur SQOOM-Methode

 

Das Landgericht Rottweil hat einige Werbeaussagen zur sog. SQOOM-Methode verboten. Hierbei handelt es sich um eine kosmetische Behandlungsmethode, bei der Mittels Gerätschaften, welche mit Ultaschall/Iontophorese arbeiten, kosmetische Wirkstoffe in tiefere Hautschichten eindringen sollen. Die Methode wurde mit Aussagen zum Aufbau der Kollagensynthese, Regeneration der Zellen,  Aktivierung der Zellteilung und Verbesserung der Eigenproduktion von Kollagen und Elastin beworben. Bezüglich der wissenschaftlichen Absicherung dieser Aussagen hatte das Gericht im Verfahren Sachverständigenbeweis erhoben. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Aussagen nicht hinreichend wissenschaftlich belegt seien. Dem ist das Gericht gefolgt.

 

Urteil vom 18.11.2016


OLG Celle: CoolSculpting-Methode wissenschaftlich nicht nachgewiesen

 

Das Oberlandesgericht Celle hat diverse Werbeaussagen für eine Methode zur Zerstörung von Fettzellen durch Einfrieren (sog. CoolSculpting) für unzulässig erklärt. Nach Ansicht des Gerichts reichten die im streitigen Verfahren vorgelegten wissenschaftlichen Studien nicht als Wirksamkeitsnachweis aus. Das OLG sprach den Studien bereits deswegen den Beweiswert ab, weil es sich nicht um Untersuchungen "objektiver Dritter".  Zudem würden die Studieninhalte keine eindeutigen Ergebnisse liefern und sich nicht durchweg mit den beanstandeten Werbeaussagen decken, teilweise seien die Probandenzahlen auch zu gering, so die Richter. Ausdrücklich wiesen sie daraufhin, dass eine FDA-Zulassung des Behandlungsgerätes in den USA nicht ausreiche, um den erforderlichen Wirksamkeitsnachweis zu erbringen.

 

Urteil vom 27.03.2017


OLG Frankfurt a.M.: Patentinhaber und Anteilseigner als Studienautor

 

Nach Auffassung des OLG Frankfurt wird der Beweiswert einer wissenschaftlichen Studie  nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Autor der Studie Patentinhaber des beworbenen Wirkstoffes und "Scientific Manager" sowie Anteilseigner des Unternehmens ist, welches das beworbene Produkt in den Verkehr bringt.  Der hierdurch hervorgerufene Interessenkonflikt könne durch ein externes Monitoring ausgeglichen werden, so die Richter.

 

Die Entscheidung steht im Widerspruch zu einer Entscheidung des OLG Karlsruhe. Dieses hatte eine Studie, an der ein Geschäftsführer des werbenden Unternehmens beteiligt war, nicht als ausreichenden Wirksamkeitsbeleg angesehen.

 

Urteil vom 10.03.2016


OLG München: Wissenschaftliche Absicherung einer "Millimeterwellentherapie"

 

Das OLG München musste darüber entscheiden, ob die Werbung für ein Medizinprodukt zur "Millimeterwellentherapie" zulässig ist. Das Gerät wurde als Mittel gegen diverse Krankheitsbilder angepriesen. Das Gericht ließ die Werbung u.a. daran scheitern, dass die vorgebrachten wissenschaftlichen Nachweise zwar veröffentlicht wurden, jedoch nicht belegt werden konnte, dass die wissenschaftliche Fachwelt hiervon auch Kenntnis erlangt hat bzw. die "Studien" Eingang in den fachwissenschaftlichen Diskurs gefunden haben. Das werbende Unternehmen hatte sich im Verfahren auf russischsprachige Unterlagen bezogen. Nach Auffassung des OLG München sei das nicht ausreichend, da Englisch die Standard-Veröffentlichungssprache für medizinische Fachpublikationen sei.

 

Urteil vom 15.12.2016 


OLG Schleswig-Holstein: Verbot der irreführenden Werbung greift auch bei Heimtierfutter

 

Das OLG Schleswig-Holstein hat verschiedene Aussagen für Heimtierfutter verboten. Unter anderem wurde ein Knoblauch-Öl mit der Aussage "Knoblauch-Öl wirkt speziell für eine natürliche Blutreinigung" beworben. Ein Vitamin-E-Konzentrat wurde mit der Aussage "Durch die Verarbreichung von Vitamin-E-Konzentrat wird der allgemeine Gesundheitszustand, die Fruchtbarkeit und damit das Zuchtergebnis der Tiere verbessert" ausgelobt. Weitere Aussagen bezogen sich auf die Aktivität und Beweglichkeit von Sehnen, Gelenken und Muskulatur, den Muskelaufbau, die Fettverbrennung sowie den Energiestoffwechsel.

 

Für sämtliche Aussagen konnte das werbende Unternehmen nach Auffassung der Richter keine hinreichenden wissenschaftlichen Nachweise vorlegen. Das Gericht hat dabei klargestellt, dass dem werbenden Unternehmen von vornherein die Beweislast für solche Aussagen obliegt. Dabei seien auch im Futtermittelbereich strenge Anforderungen an die wissenschaftliche Absicherung der Werbeaussagen zu stellen, allerdings sei nicht grundsätzlich die Vorlage einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie (sog. Goldstandard) zu fordern.

 

Urteil vom 20.03.2014